Zylinder oder Teller: Zeit, sich mit Schleifringen besser vertraut zu machen
01 Februar 2021
Selbst Ingenieure, die bei ihrer täglichen Arbeit keine Schleifringe verwenden, wissen wie diese elektromechanischen Komponenten die Übertragung von Leistung und elektrischen Signalen von einem stationären Teil (Stator) zu einem rotierenden Teil (Rotor) und umgekehrt ermöglichen. Doch wie viele kennen tatsächlich die verschiedenen Schleifringtypen und wissen, welche Leistungsmerkmale und Vorteile/Nachteile sie mit sich bringen?
Dieser Artikel beleuchtet die gängigen Schleifringvarianten und verrät, wie ein wenig Wissen Entwicklern zu einem erfolgreicheren Projektergebnis verhelfen kann.
Anwendungen und Einsatzmöglichkeiten

Schleifringe sind ideal für den Einsatz in elektromechanischen Systemen, bei denen durch eine Rotation die Übertragung von Energie- und/oder Datensignalen durch diese notwendig ist. Sie vereinfachen den Betrieb und eliminieren das Potenzial für Schäden an Litzen und Kabeln. Daher sind Schleifringe unverzichtbare Komponenten für Produkte im Maschinenbau, der industriellen Automatisierung als auch in Windturbinen, Roboterfahrzeugen, Kameras, Radargeräten, Hubschraubern, Medizintechnik, auf Ölplattformen und im Bergbau, um hier nur einige zu nennen.
Im Englischen gibt es viele verschiedene Bezeichnungen für Schleifringe, darunter „elektrische Drehdurchführungen“, „Drehverbinder“, „Kollektoren“ oder „Drehgelenke“. Unabhängig von der persönlichen Vorliebe beziehen sich alle diese Namen auf die gleiche Komponente. Es gibt jedoch zwei sehr unterschiedliche Arten von Schleifringen, die durch ihre Form bestimmt werden: der klassische Schleifring in „zylindrischer“ Form und der flache Schleifring, der "Tellerschleifring“ genannt wird.
Der Unterschied zwischen diesen beiden Bauformen liegt hauptsächlich in der Anordnung der Ringe, die bei den zylindrischen Schleifringen übereinandergestapelt sind. Im Gegensatz dazu haben Schleifringe in Tellerbauweise eine flache, konzentrische Form.
Leistung in den Zylinder gepackt
Zylindrische Schleifringe basieren in der Regel auf Übertragungstechnologien, die Mehrfaserbürsten, Einzelfaserbürsten und Kohlebürsten/leitende Blöcke umfassen. Dieser Typ Schleifring ist der gängigste auf dem Markt, da er typischerweise preiswerter und vielseitiger einsetzbar ist als die Teller-Alternativen.
Sie haben eine mittig, rotierende Welle, auf der einzelne Kontaktringe aufgebracht sind, welche von Bürsten abgegriffen werden. Die Bürsten können dabei unterschiedliche Formen haben, aber die Bürste-auf-Ring-Konstruktion stellt die Mehrheit der gängigen Übertragungstypen dar. Diese Art der Konstruktion ist wartungsfreundlich und modular aufbaubar, so dass mehrere Ringe aneinandergereiht werden können, um eine große Anzahl zu übertragender Stromkreise zu erreichen.
Der Schleifring besteht aus einzelnen Ringen, die unabhängig voneinander zusammengesetzt werden können, um verschiedene Konfigurationen darzustellen, so dass die Hersteller entsprechend den spezifischen Anwendungsanforderungen die Schleifringe anpassen oder individuell gestalten können. Es ist sogar möglich, maßgeschneiderte Lösungen unter Verwendung von standardmäßigen, handelsüblichen Ring-/Bürstenkomponenten zu bauen.
Ein weiterer Vorteil liegt in der einfachen Konstruktion, die größere mechanische Toleranzen bei der Bürstenausrichtung zulässt und eine unkomplizierte Montage ermöglicht. Der relativ einfache Aufbau erlaubt es dem Anwender unter Umständen sogar, Schleifringe selbst zu reparieren und zu warten, anstatt sie zeit- und kostenaufwendig zum Hersteller zur Wartung und Überholung zu schicken.
Lange Betriebsdauer
Ein weiterer Vorteil dieser Typen von Schleifrings ist die längere Lebensdauer, die typischerweise durch das Aufbringen einer galvanischen Schicht auf die Ringe (im Vergleich zu Pancake-Varianten) hervorgerufen wird. Eine größere Ringdicke garantiert eine längere Lebensdauer. Diese bedeutet für den Anwender eine höhere Zuverlässigkeit, zumal sich zylindrische Schleifringe durch die dickere Beschichtung auch bei hohen Drehzahlen betreiben lassen.
Die meisten Schleifringe arbeiten in einem Drehzahlbereich von einigen hundert Umdrehungen pro Minute, wobei Hochgeschwindigkeitsvarianten bis zu einigen tausend Umdrehungen pro Minute möglich sind. In der Regel gibt es einen Kompromiss zwischen Drehzahl und Verschleiß, wobei auch der Durchmesser eine wichtige Rolle spielt. Je kleiner der Durchmesser, desto geringer ist die Lineargeschwindigkeit am Ring/Bürsten-Kontakt und damit auch die Wärmeentwicklung und der Verschleiß.
Diese traditionellen Schleifringe können mit den entsprechenden Bürsten Ströme bis zu 500A übertragen, mit Kohlebürsten sogar mehrere tausend Ampere: Deutlich mehr als bei Teller-Typen. Ein weiterer Vorteil des zylindrischen Formats ist, dass sie ein eigenes Gehäuse haben, im Gegensatz zu vielen flachen Varianten, die oft offen aufgebaut sind und zum Schutz die Herstellung eines passenden Gehäuses benötigen.
Die flachen Fakten

Tellerschleifringe basieren typischerweise auf Übertragungstechnologien, die sowohl Mehrfaser- und Einzelfaserbürsten, als auch induktive und kapazitive Lösungen umfassen.
Die Basis dieses Schleifringtyps bildet ein Paar kreisförmiger Leiterplatten, von denen eine mit konzentrischen Ringspuren, die einer Schallplatte ähneln, und die andere mit zu den Ringen passenden Bürsten versehen ist. Diese Leiterplatten stehen sich mit einem vorgegebenen Abstand und Druck gegenüber. Die Rotorwelle trägt eine der Leiterplatten und bildet damit das Rotationselement des Schleifrings.
Ein weiterer wesentlicher Vorteil dieser Schleifringe ist ihre Skalierbarkeit. Aufgrund ihrer geringen Bauhöhe können Entwickler durch den Einsatz mehrerer Flachschleifringe hunderte von Kontakten auf einer einzigen rotierenden Welle unterbringen.
Diese Art von Schleifring ist ideal für den Einsatz in platzbeschränkten Anwendungen, wie z.B. in Robotern und Cobots (kollaborierenden Robotern), sowie zahlreichen nicht-industriellen Systemen. Aufgrund ihrer Vorteile in der vertikalen Achse eignen sich Tellerschleifringe für Einbaulagen, bei denen nur eine kurze Welle vorhanden, aber in Querrichtung ausreichend Platz vorhanden ist.
Einschränkungen
Es gibt eine Reihe von Nachteilen bei Flachschleifringen. So geht der Vorteil der geringen Bauhöhe durch den Einsatz von Bürsten mit eingeschränktem Hub/Länge verloren. Außerdem führt der Einsatz von Blattfedern mit direkt verlöteten Kontakten in der Regel zu einem schwachen Kontakt-Druck, der bei Schock oder Vibration zu Problemen führen kann.
Schleifringe in Scheiben- oder Tellerform erzeugen auch größeres Signalübersprechen während des Betriebs, während die Bürsten dieser Schleifringart im Vergleich zu Trommeltypen auch ungleichmäßig verschleißen können.
Ein weiterer Nachteil ist, dass typischerweise nur etwa 10/15A übertragen können, da die Dicke der Bahnen auf der Platine begrenzt ist, was die Stromstärke einschränkt. Folglich sind diese Schleifringtypen nur für die Übertragung von Signalen und nicht von höherem Strom geeignet. Da außerdem in der Regel nur eine dünne Galvanikschicht erreicht werden kann, verschleißen Pancake-Varianten oft schneller an den äußersten Ringen.
Da sie eine eher breite Struktur haben, sind Tellerschleifringe für hohe Drehzahlen weniger geeignet. Bei hohen Drehzahlen nehmen Fliehkraft und Vibration so stark zu, dass sie schneller beschädigt werden können, weshalb die meisten auf eine maximale Drehzahl von etwa 300 U/min und eine begrenzte Anzahl von Ringen beschränkt sind. Diese Einschränkungen machen sie für schnell rotierende Wellen ungeeignet, wie z.B. für Flow-Pack und Verpackungs-Maschinen Je größer ein Schleifring wird, desto empfindlicher reagiert er auf hohe Drehzahlen.
Diese Bauart bringt in der Regel auch mehr Gewicht und Volumen für die gleiche Anzahl von Kreisläufen mit sich und hat ein größeres Potenzial, Verschleißpartikel auf der vertikalen Achse zu sammeln.
Die richtige Wahl treffen
Neben der Auswahl zwischen den traditionellen zylindrischen und Tellerschleifringen gibt es neben Größe, Platz und Bauform noch viele weitere Faktoren zu beachten. So zeichnen sich Schleifringe aus Edelmetallen durch hohe Leitfähigkeit aus. Im Gegensatz zu Bronze sind Edelmetalle wesentlich stabiler.
Ein weiteres wichtiges Auswahlkriterium ist die Funktionalität, d.h. wählen Sie immer den passenden Schleifring für die jeweilige Übertragung wie Leistung, Signalen oder beidem. Die Übertragung von Energie, insbesondere bei hohen Spannungen, erfordert Leiter, die Hitze widerstehen können.
Die Daten-/Signalübertragung benötigt weniger Energie als die Leistungsübertragung, allerdings können Übersprechen und Rauschen ein Problem darstellen, wenn sie nicht richtig ausgelegt sind.
Es sei darauf hingewiesen, dass die gleichzeitige Übertragung von Daten und Leistung die Verwendung mehrerer unterschiedlicher Ringtypen in einer einzigen Baugruppe erfordert. Hier muss die Verdrahtung und das Design jedes Pfades oder jeder Leiterbahn den vorgesehenen Zweck erfüllen.
Fachkundige Unterstützung
Jedes Projekt und jede Anwendung sind natürlich anders. Um sich bei der Auswahl des richtigen Schleifrings sicher zu sein, sollten Sie daher immer fachkundigen Rat von einem Unternehmen einholen, das nachweislich Erfolg bei der Konstruktion und Herstellung dieser Produkte hat. Letztendlich gibt es keinen Ersatz für Know-how und Erfahrung, wenn es um Nischentechnologien wie Schleifringe und deren optimale Anwendung geht.